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Sustainable Survival Guide

Grundsatzdiskussion Klimawandel

- kritische Behauptungen erklärt

Autor: David Sulzbacher 

Story von Felix Zickenheiner
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aktualisiert am 12.05.2022
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Vorwort:

Klimakrise, CO2-Preis oder 1,5 Grad Ziel - seit einigen Jahren sind diese Begrifflichkeiten und somit das Thema Umwelt Dauerbrenner in den Medien, der Politik und auch in der Wirtschaft. Spätestens seitdem weltweit Millionen von Menschen auf die Straße gehen, protestieren und Veränderung fordern, kommt man nicht mehr an dieser Thematik vorbei. Dieser gesellschaftspolitische Diskurs wird auch im Alltag immer präsenter. Nicht nur bei öffentlichen Podiumsdiskussionen wird debattiert, sondern auch im privaten Kreis geht es ganz schön zur Sache. Der gemütliche Stammtisch unter Freunden oder ein Treffen im Familienkreis kann schnell zum heißen Pflaster umweltpolitischer Auseinandersetzungen werden. Oft steht dabei nicht der Klimawandel selbst, sondern eher verschiedene Ansätze zu dessen Bekämpfung im Fokus der Debatte. Diskutiert wird gerne die Notwendigkeit verschiedener Maßnahmen sowie die parteipolitische Dimension des Klimaschutzes. In der breiten Masse der Gesellschaft herrscht mittlerweile ein gewisser Konsens in Sachen Umweltschutz, welcher sich auf die mehrheitlichen Erkenntnisse der Wissenschaft stützt. Jedoch gibt es auch Menschen welche genau diesen Konsens in Frage stellen beziehungsweise die sogenannte „Mainstream-Meinung“ gänzlich ablehnen. Genau um diesen Teil der Gesellschaft - mehr noch um die Konfrontation mit Menschen dieser kritischen Gruppe wird es in diesem Artikel gehen. Dabei soll jedoch ein vorurteilsfreier Zugang geschaffen werden, der auf Begrifflichkeiten wie „Klimaleugner“ verzichtet. Das Ziel in einer Auseinandersetzung dieser Art ist es nicht gemeinsam Detaillösungen für eine komplexe Thematik zu erörtern, sondern einen minimalen Konsens zu erzielen. Denn nichts erzeugt so viel Spannung und ist so herausfordernd wie echte Grundsatzdiskussionen. In Folge werden beispielhafte Behauptungen näher beleuchtet und sachliche Erklärungen erarbeitet.  

 

 

„Es hat schon immer Wärme- und Kälteperioden gegeben.“ 

Fakt ist seit Beginn der Messungen im Jahr 1880 gab es eine strukturelle Erwärmung unseres Planeten. Die 10 wärmsten Jahre dieser Periode lagen allesamt in den letzten 16 Jahren der Aufzeichnungen. Statistiken belegen eindeutig die aktuell stetige Erhöhung der Temperatur im Vergleich zum Mittelwert von Messungsbeginn bis 1900. Es ist richtig, dass es seit der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren Wärme- und Kälteperioden gab und die historische Entwicklung des Klimas auch anhand wissenschaftlicher Methoden erörtert werden konnte. Aktuell befinden wir uns übrigens seit 2,6 Millionen Jahren in einer Eiszeit. Die Annahme, diese langzeitigen natürlichen Entwicklungen schließen kurzzeitige Veränderung aus, ist jedoch ein Irrtum. Von Kritikern wird oft bemängelt, dass der betrachtete Zeitraum (seit Beginn der Messungen) zu kurz sei. Jedoch verleiht genau diese kurzzeitige Betrachtung der Beobachtung ihre Aussagekraft. Die Veränderung der Temperatur ist kein rein linearer Zusammenhang welcher sich über die gesamte Existenzzeit des Planeten erstreckt. Viel mehr ist es eine komplexe Entwicklung welche durch externe Faktoren kurzzeitig verstärkt werden kann und durch Rückkopplungseffekte Beschleunigung erfährt. Somit ist die Behauptung der Existenz von Wärme- und Kälteperioden gar kein Argument gegen den Klimawandel, sondern sogar ein wichtiger Aspekt um das Phänomen an sich zu erklären.  

 

 

„Der Anteil des vom Menschen verursachten CO2 in der Atmosphäre ist zu geringe um Auswirkungen auf das Klima zu haben.“ 

Es ist völlig richtig, dass nur rund 3% des CO2 in unserer Atmosphäre menschlichen Ursprungs sind. Die überwältigende Mehrheit von 97% sind natürliche Emissionen. Generell macht CO2 derzeit nur einen vermeintlich geringen Anteil von 0,04% der Erdatmosphäre aus. Auf diese Zahlen stützen sich viele kritische Stimmen in der Debatte um den sogenannten „menschengemachten Klimawandel“. Diese Argumentationen sprechen in erster Linie dem CO2 selbst die Relevanz in Bezug auf große klimatische Veränderungen ab und erklären darüber hinaus den anthropogenen Anteil für nichtig. Jedoch reicht es nicht, sich ausschließlich auf quantitative Kriterien zu verlassen. CO2 und Treibhausgase generell können aufgrund ihrer chemischen Struktur (3-atomige Moleküle) von der Erde reflektierte Wärmestrahlung vor dem Abweichen ins Weltall hindern. Die daraus resultierende Temperaturerhöhung lässt den Anteil von Wasserdampf, welcher mitunter für den natürlichen Treibhauseffekt verantwortlich ist, in der Erdatmosphäre steigen – wieder ein Rückkoppelungseffekt. Weiters können CO2-Moleküle bis zu 500 Jahre in der Atmosphäre verweilen, bis sie natürlich abgebaut werden. Diese Eigenschaften machen Treibhausgase wie CO2 trotz ihres geringen relativen Anteils zu „Big-Playern“ in der Entwicklung unseres Planeten. Beispielsweise hätte die Erde ohne den Treibhausgaseffekt, gar nicht mehr von der letzten Eiszeit „auftauen“ können. Hierbei ist jedoch vom natürlichen Treibhausgaseffekt und dessen Wichtigkeit die Rede. Der natürliche Emissionshaushalt ist nämlich ein sensibles Gleichgewicht, welcher CO2-Ausstoß auch wiederum mit CO2-Absorption kompensiert. Dies stellt den elementaren Unterschied zu menschlich verursachten Treibhausgasen dar. Nur rund die Hälfte der von uns verursachten Emissionen können von der Natur auch wieder aufgenommen werden. Der Rest lässt in Zusammenhang mit Rückkopplungseffekten die Konzentration des CO2 in der Erdatmosphäre steigen. Vor der Industrialisierung lag die Konzentration des CO2 bei konstant 0,028% und befand sich sogar im leichten Abwärtstrend. Damit ist eines klar: läppische 3% menschlicher Emissionsanteil führten erst überhaupt zum Anstieg der CO2-Konzentration auf 0,04%. Alles kleine Zahlen, die jedoch große Gleichgewichte in Gefahr bringen und das Potential haben Kipppunkte zu erreichen.  

 

„Solange die großen Industriemächte wie die USA oder China weiterhin so viel CO2 ausstoßen, sind die Bemühungen von Europa bezüglich Klimaschutz sinnlos“  

 

Ein nüchternes Betrachten der Zahlen bekräftigt vorerst diese Behauptung. Österreich stößt rund 0,2% der jährlich weltweiten CO2-Emissionen aus. Auch die europäische Union zählt mit 7% nicht zu den globalen Hauptemittenten. China, die USA und Indien hingegen sind gemeinsam für über die Hälfte des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Betrachtet man jedoch diese Zahlen aus der Pro-Kopf-Perspektive, zeigt sich bereits ein anderes Bild. Indien und China beispielsweise liegen hierbei noch Welten hintern den Vereinigten Staaten von Amerika. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Anteil bei ähnlichem Lebensstandard beziehungsweise gesellschaftlicher Entwicklung wie der USA noch viel höher wäre. Die Thematik ist nicht nur in den absoluten Zahlen zu definieren, sondern entpuppt sich als Problem bei dem nationalstaatlichen Grenzen eine untergeordnete Rolle spielen. Beispielsweise finden sich auf den obersten Rängen jener Unternehmen mit den höchsten CO2-Emissionen fast ausschließlich chinesische Energiekonzerne – Energie die China, jenes Land welches 1950 eine Industrialisierung im Eiltempo durchlebt, um die wirtschaftliche Aufholjagd und mittlerweile das Überholmanöver gegenüber dem Westen zu ermöglichen. Wir mit unserm Vorbild des „westlichen Lebensstils“ haben somit Maßgeblichen Einfluss auf die globalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Es geht darum Klimaschutz zu einem Erfolgsprojekt zu machen, welches ökonomischen Erfolg, mit Lebensqualität und ökologischer Weitsicht verbindet. Dieser Entwurf einer modernen Gesellschafft ist vor allem im Hinblick auf Schwellenländer, welche ihr Recht auf einen ähnlichen Lebensstandard einfordern, wichtig und muss Wegweiser für die Zukunft sein. Der Westen steht durch seinen „Way of life“ in der Verantwortung und muss seinen Teil der Klimagerechtigkeit beitragen.  

Konfrontiert mit solchen Behauptungen gilt generell: Zuhören, Verständnis zeigen und sachliche Antworten erörtern. Impulsiv einen Anspruch auf Richtigkeit zu äußern ist trotz oft eindeutiger Faktenlage kontraproduktiv. In Grundsatzdiskussionen sollte es vermieden werden sich in Detailfragen zu verlieren. Oberstes Ziel ist Verbindendes und nicht Trennendes offenzulegen. Ein standhafter Minimalkonsens muss das Ziel sein: Unsere Umwelt ist in Gefahr und die Natur ist schützenswert. Der Klimawandel existiert und der Mensch steht in der Verantwortung etwas dagegen zu unternehmen.  

 

 

Story von Felix Zickenheiner
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aktualisiert am 12.05.2022
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